Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...

https://morgenradio.de

subscribe
share






Expl0310: Michael J. Fox


„Back to the Future“ steht in meiner Erinnerung für all’ die Dinge, die in den Achtzigern gut waren. Denn es gibt auch viele Dinge, die schrecklich waren – glaubt mir! Es steckt da noch viel Optimismus und Naivität in diesem super-unterhaltsamen Famililenfilm. Und das auch wegen Michael J. Fox, dessen Leben ich heute vorstelle.

Download der Episode hier.
Opener: „Back To The Future (1985) Theatrical Trailer“ von Movieclips Trailer Vault
Closer: „Michael J. Fox and Christopher Lloyd reflect on film’s predictions“ von Mark Kevin
Beitragsbild:”Michael J. Fox 2012 (cropped) (2)” by Paul Hudson (original)Supernino (derivative work) – Flickr (original). Licensed under CC BY 2.0 via Commons.
Musik: „Deep Deep Deep“ von Jill Zimmerman / CC BY-NC-SA 3.0

+Skript zur Sendung
So, jetzt habt ihr alle sicher gestern mitbekommen, dass „Back to the Future“-Day war, oder? Tja, dann muss ich euch leider sagen, dass das gar nicht stimmt. Denn der ist heute. Hier in Deutschland.

Denn Marty McFly und Doc Brown haben den DeLeorean in „Zurück in die Zukunft II“ tatsächlich auf den 21.10.2015 eingestellt. Und zwar auf 4:29 pm. Also 16:29 Uhr. Aber natürlich auf PDT, d.h. Pacific Daylight Time. Das heisst, der Zeitpunkt, an dem Marty in der Zukunft ankommt, ist für uns in Deutschland der 22.10.2015 um 1:29 in der Nacht. MESZ.
Also heute. Ihr habt alle unrecht und ich habe recht.

So, das wäre ‘mal gesagt. Danke an n8tzug auf Twitter. Denn der hat den Fehler nämlich eigentlich gefunden. Hüstel…

Und weil also heute der einzige, wahre, echte „Back to the Future“-Day ist, hier also ein Blick auf das Leben von Michael J. Fox. Denn der hat ja mein Leben schon irgendwie begleitet. Mit dem ist man sozusagen aufgewachsen.

Und „Back to the Future“ war einfach auch wirklich ein toller Film. Optimistisch, lustig, unterhaltsam, spannend und einer der wenigen Zeitreisefilme, die erträglich sind. Weil das Zeitreisen eigentlich gar nicht so wichtig ist.

Und Michael J. Fox war toll. Die schlichte Verkörperung des All American Boy. Ernsthaft: Gibt es jemanden, der ihn in diesem Film unsympathisch findet? Oder hässlich? Ich mochte vor allem die irgendwie hölzerne aber lässige Art, wie er sich bewegt.

Und wie er da cool über die Motorhaube des DeLorean schlittert, bevor er sich hineinschwingt! Das wollte ich auch können. Aber das ist nicht wirklich einfach. Zumindest nicht beim Opel Kadett B meines Kumpel Andreas. Hat ein paar Stunden gedauert, bis die Beule in der Motorhaube wieder raus war.

Und dabei ist dieser All American Boy eigentlich Kanadier. So von Geburt her. Er wird als jüngster von vier Geschwistern in Edmonton am 9. Juni 1961 geboren. Sein Vater ist beim Militär und die Familie zieht deswegen oft um. Das ist etwas, was irgendwie bei vielen Schauspielern im Lebenslauf steht! Wahrscheinlich muss man sich, wenn man immer wieder an einer neuen Schule anfängt, eher exponieren, oder?

Michael ist ein durchschnittlicher Schüler, der vor allem begeistert Eishockey spielt. Was ja irgendwie der kanadische Nationalsport Nummer 1 ist. Er träumt von einer Karriere als Profi, aber leider hört es bei 1,62 m das Wachsen auf. Und das ist zu kurz.

Also geht er in seiner Schule in die Theatergruppe, aber nicht mit zuuu viel Ehrgeiz. Trotzdem, seine Lehrerin empfiehlt ihn, als für die Serie „Leon and Me“ ein Zehnjähriger gesucht wird. Und Michael wird tatsächlich gecastet, obwohl er 1976 schon 15 war.

Der Gastauftritt dauert 13 Wochen, aber er hatte Blut geleckt. Und konnte auch seine Eltern überzeugen. Als er 18 ist, fährt ihn sein Papa nach Los Angeles, sucht mit ihm eine Bleibe, drückt ihm $ 3000,- in die Hand und wünscht ihm Glück. Er hatte noch nicht einmal die High School abgeschlossen.

Und die Dinge laufen erstaunlich gut. Eine erste Filmrolle und einige Gastrollen in populären Fernsehserien wie „Trapper John MD“ oder „Lou Grant“ folgen. Bis die Dinge nicht mehr so gut laufen und die Engagements ausbleiben. Und Michael entdecken muss, dass er deutlich mehr Geld ausgegeben hat, als er verdient hatte.

Aus dem Apartment wird eine Garage, Sofa und Auto muss er verkaufen. Die Ernährung besteht aus Mac’n Cheese, ein Rezept, das billig ist und in Amerika tatsächlich für ein Nudelgericht gehalten wird. Er wird depressiv und dick. Er überlegt schon nach Vancouver zu seiner Familie zurückzukehren, als er eine Chance bekommt, für eine Rolle in einer neuen Serie vorzusprechen. Und den Job auch bekommt.

Er spielt in „Familienbande“, „Famili Ties“ den Alex P. Keaton, den Yuppie-Sohn zweier linker Ex-Hippies. Eine Familienkomödie, die sich ab der zweiten Staffel immer besser und besser entwickelt. Und die Zuseher lieben vor allem Michael. Und der liebt die Arbeit an der Serie. Und auch Tracy Pollan, die Ellen spiel, die Freundin von Alex. Tracy wird er später heiraten. Und mit der ist er auch heute noch verheiratet und hat vier Kinder.

Als er die Rolle des „Marty McFly“ angeboten bekommt, kann er aber trotzdem nicht „Nein“ sagen. Zemeckis, Spielberg – das mkönnte wichtig sein. Also stemmt er zwei Monate beide Engagements parallel. 8 Stunden „Familienbande“ und dann 8 Stunden „Zurück in die Zukunft“.

Der Film wird ein Riesenerfolg, einer der Meilensteine des 80er-Jahre-Kinos und Michael ein Weltstar. Es folgen noch einige erfolgreiche Filme und einige weniger erfolgreiche. Was sich aber wirklich nach „Zurück in die Zukunft“ ändert, ist die Diagnose „Parkinson“. Für jemanden, der 29 Jahre alt ist, schon ein Schlag.

Morbus Parkinson ist eine Krankheit im Hirn. Die Zellen, die Dopamin produzieren, sterben allmählich ab. Und das hat vor allem Folgen für den Bewegungsapparat. Muskelsteifheit oder Rigor, aber auch Tremor, also Zittern, verlangsamte Bewegungen und die Schwierigkeit, sich aufrecht zu halten können Symptome sein.

Die letzten Bilder, die ich von Michael J. Fox kenne, stammen vom April, da war er bei Letterman. Was man da beobachten kann, nennt man Dyskinesien, also unwillkürliche Bewegungen. Die kommen von den Medikamenten. Parkinson, also fehlendes Dopamin, behandelt man, indem man eine Vorstufe des Dopamins gibt – L-Dopa – das durch die Blut-Hirn-Schranke kann.
Und Dyskinesien sind die typische Nebenwirkung.

1999 beschließt Michael die Krankheit nicht mehr zu verheimlichen, aber beginnt trotzdem wieder eine wöchentliche Fernsehserie, nämlich „Spin City“. Das war auch in den ersten 100 Folgen damals eine tolle Serie, die ja auch in Deutschland mit beträchtlichem Erfolg lief. Wenn man so will der Vorläufer von „House of Cards“

Nach vier Staffeln zieht er sich zurück und gründet seine eigene Stiftung, die „Michael J. Fox Foundation“, die sich der Erforschung von Parkinson widmet. Diese Stiftung hat schon $ 149 Mio. $ gesammelt und in die Pharmaforschung und die Stammzellenforschung gesteckt.

Denn Parkinson ist immer noch eine rätselhafte Krankheit. Wir haben keine Biomarker für diese Krankheit, d.h. kein Gen oder Blutwert, um sie zu erkennen. Und wir wissen nicht, was sie auslöst.

Michael selber berichtet in einem Interview z.B., dass er beim Eishockeyspielen, während er sich bewegt, völlig symptomfrei ist. Das ist eigentlich nicht zu erklären.

Während der Arbeit an der Stiftung kommt es immer wieder zu Gastrollen. Besonders gut funktioniert hat das ja bei „Scrubs“, wo er einen berühmten Chirurgen mit einer Zwangsstörung gespielt hat. War aber auch schon schwer anzusehen, fand ich.

Vor drei Jahren dann die Sensation: Er hat einen Vierjahresvertrag bei NBC für eine neue Familien-Sitcom, die clever „Michael J. Fox Show“ heissen wird. NBC hatte nicht einmal einen Piloten bestellt.

Und so liefen 2013 22 Folgen dieser neuen Show. Michael spielt einen Nachrichtensprecher und überängstlichen Familienvater mit, eben, Parkinson.
Die Kritiken waren ganz gut, bei Metacritic ist der Score 64/100.

Aber die Zuschauerzahlen waren grottig. Die vorletzte Folge haben nicht einmal mehr 2 Mio. Zuschauer gesehen, das ist in Amerika das Ende. Und es war auch das Ende, die Serie wurde abgesetzt.

Für die 300.000 allein in Deutschland von Parkinson betroffenen Menschen und für Michael J. Fox bleibt zu hoffen, dass es bald bessere Medikamente geben wird.

Und such wenn es mich schmerzt zuzusehen, wie ein Jugendidol so leidet – es ist sehr tröstlich, dass er einfach nicht aufgibt und immer weiter macht.

Seine Autobiographie von 2002 trägt im Original den Titel: „Lucky Man“.
Ich denke, es steckt immer noch viel Marty McFly in ihm, oder?


fyyd: Podcast Search Engine
share








 October 22, 2015  14m