Als Kind war einer meiner Lieblingsfilme „Der Hofnarr“ mit Danny Kaye. So war das sicher gewesen im Mittelalter. Und an ihn musste ich viel denken, als ich das heutige Hörspiel schrieb. Stellt euch also Danny Kaye in der Rolle von Lucius, dem Hofnarren vor! Und höret die schreckliche Ballade von seinem Schicksal!
Download der Episode hier.
Opener: „The court jester- a jester“ von lotje19912
Closer: „Der Hofnarr – Szene mit dem Becher mit dem Fächer“ von Filme und Politik
Musik: „People“ von Torelli and the Fuse / CC BY-ND 3.0
Viele technische Neuerungen hatte es seit damals gegeben! Zum Beispiel… Äh… Hmm… Und…
Na ja, man war auf jeden Fall froh, dass man die Römer los war!
Trotzdem war das Leben schwierig. Nicht nur, dass es keine Rentenversicherung gab und keine Strafzettel, auch Kartoffeln, Ketchup, Pizza oder Meinungsfreiheit waren schon entdeckt. Und freies W-Lan gab es in den Städten noch seltener als heute.
Wenn also das Leben im Mittelalter schwierig war, dann war es noch schwieriger, wenn man der Hofnarr von König Roderich war. Dieser ehrgeizige König diktierte seinen Geschichtsschreibern immer den Beinamen „Der Siegreiche“ in die Pergamente. Aber kaum etwas könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.
Seine Bevölkerung hatte sich auf den Ehrentitel „Das große Arschloch da oben“ geeinigt. Und besonders Arschloch war Roderich, wenn er gerade wieder eine Schlacht verloren hatte. Werden wir also Zeuge, wie sich die Ballade von Roderichs Hofnarren wirklich zugetragen hat.
Im Hauptsaal von Roderichs Burg ist die Stimmung gedämpft. Missmutig sitzt der König auf dem Thron. Die Königin zu seiner Rechten lächelt tapfer. Der Scharfrichter zu seiner Linken schaut grimmig. Vorsichtig knabbert der Hofstaat am Festmahl, denn offiziell war die heutige Niederlage ein Triumph. Aber jeder weiß, dass das Propaganda ist.
Der König erhebt die Stimme.
K: „Man hole meinen neuen Hofnarren. Möge er unser Gemüt erheitern!“
Ein Page bricht auf. Die Stimmung im Saal verkrampft sich sogar noch mehr. Der Hofnarr springt aufgedreht in den Saal!
H: „Mein Name ist Lucius! Ich bin euer Narr, euer Verdreher, euer Lachen und euer bester Berater! Aus dem Morgenlande bin ich aufgebrochen und bringe euch die neusten Possen und Späße! Keine Kunst der Erheiterung ist mir fremd, und…“
K: „Genug! Halte er an sich! Narr, erheitere mein Gemüt. Mein dämlicher Hofstaat will den heutigen Triumph meines Militärs nicht angemessen feiern!“
H: „Oh, hoher Herr! Dann bin ich hier wohl am falschen Platze! Es scheint mir dann, dass der ganze Saal mit Narren schon angefüllt ist. Hat doch jeder gehört, wie eure siegreichen Truppen bis auf den letzten Mann an den Burgmauern von Baron Schlutius verbluteten. Ein gar feierlicher Sieg! Denn die Truppen des Barons werden noch Tage beschäftigt sein, die Eingeweide eures Militärs mit Schmierseife zu entfernen! Denen habt ihr es aber gegeben!“
Der gute Lucius. So hat er sein Gewerbe gelernt. Aber in diesem Fall. Die Szenerie erstarrt völlig. Nur zwei Dinge verändern sich im Saal. Der Scharfrichter beginnt zu grinsen. Und die Gesichtsfarbe des Königs beginnt sich zu verändern. Ins Rote.
Die Königin flüstert etwas in sein Ohr.
K: „Gut, Du Narr der Narren. Vielleicht schweige er besser. Mache ein Kunststückchen. Schlage er ein Rad!“
N: „Euer Ehren, das tue ich ferne. Habt ihr gerade eines zur Hand? Sonst warte ich noch ein Weilchen.“
K: „Treibe er keine Scherze. Warum warten?“
N: „Na ja, kommt Zeit, kommt Rad!“
Der Hofstaat gibt sich Mühe, ein Lachen zu verbeißen.
K: „Du schlägst sofort ein Rad!“
N: „Ach, oberster Verteidiger der Christenheit, leider kann ich mir das nicht leisten…“
K: „Was soll der Unfug?“
N: „Ihr müsst wissen, Pracht des Abendlands, gutes Rad ist teuer!“
Einige der Schranzen haben große Mühe, nicht loszuprusten.
K: „Na gut! Wenn Du es so willst. Aber meine Geduld hat Grenzen! Jonglieren wirst Du wohl können, oder? Dann hole er seine Bälle hervor und spiele damit!“
Einige Anwesenden können sich das Lachen nicht mehr verkneifen. Der Scharfrichter beginnt sein Beil zu schleifen.
N: „Wollt ihr das wirklich, Licht der Neuzeit, mein gütiger Herrscher? Vor den Augen der Königin und der werten Damen am Hofe? Einigen mag so eine Kunst im Umgang mit den Bällen noch gar nie zuteil geworden sein?“
Der König ist nicht erheitert, dass der Hofstaat scheinbar über ihn lacht, auch wenn er nicht weiß, warum. Sein Gesicht bekommt schon wieder eine ungesunde Farbe. Das Flüstern der Königin in sein Ohr wirkt nun etwas hektisch.
K: „So sei es dann, Du Gaukler. Passe er auf! Meine hohe Gattin meint, eine Chance müsse ich als gütiger Herrscher selbst einer Laus wie Dir noch geben. Erzähle er mir also einen Witz! Aber sei Dir gewiss, Lucius aus dem Morgenlande! Wenn ich nicht lache, dann ist Dein Leben verwirkt! Der Scharfrichter wird dann Deinen vorlauten Kopf vom Rumpfe trennen. Hier auf der Stelle!“
Das macht die Atmosphäre am Hofe nun auch nicht entspannter. Alle Augen ruhen auf Lucius, der schwitzend in seinem Kopf nach einem guten Witz sucht.
N: „So sei es denn, oh gütigster aller christlichen Imperatoren! Möge er sich in seinem Kopfe den dunkelsten aller denkbaren Märchenwälder vorstellen. Ein schmaler Pfad durchschneidet die Finsternis der verhexten Bäume. Auf diesem Pfade sehen wir auf einem prächtigen Schimmel einen wunderschönen Prinzen in feinster Seide reiten. Nach einiger Zeit stößt nun der Pfad an eine Gabelung, mitten im verwunschenen Dunkel.
An dieser Wegeskreuzung nun steht eine Hexe. Sie ist alt und hässlich und hat riesige Warzen in ihrem faltigen Gesicht. Auf ihrem Buckel sitzt ein alter, zerzauster Rabe. Mit ihren knochigen Fingern gebietet sie dem edlen Reiter Einhalt.
‘Halt’, so krächzt sie, ‘wenn Du, edler Prinz, errätst, was für ein Tier auf meinem Buckel sitzt, dann darfst Du die Nacht bei mir verbringen!’
Der Prinz überlegt kurz und antwortet: ‘Die Antwort weiß ich gewiss! Es ist natürlich ein Elefant!’
Da antwortet die Jüngerin des Teufels: ‘Na ja, das lasse ich gerade noch einmal durchgehen!’
Die Pointe sitzt, der Hofstaat lacht. Bis auf den König, der immer noch bitter auf den Narren starrt. Er gibt dem Scharfrichter ein Zeichen. Der steigt ein paar Stufen den Thron hinab, holt aus und schlägt dem tapferen Narren den Kopf von den Schultern.
Eine Totenstille erfüllt den Raum. Ein Kopf fällt zu Boden. Man kann das hören.
Keiner traut sich nur zu atmen. Entsetzte Augen beobachten, wie der Körper des Narren zusammensackt.
K: „Elefant. Pah! War doch ein Rabe. Hat er doch gesagt. Ach so… ‘Lass ich gerade noch so durchgehen’ Das ist ja witzig! ‘Lass ich gerade noch so durchgehen’ (lacht immer hysterischer)“