Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...

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Expl0259: Fliegende Untertassen


Als die Aliens in Filmen auftauchten, waren sie furchtbar böse. Dann eine Zeit lang, furchtbar friedlich. Jetzt sind sie eher wieder böse. Aber meistens kommen sie in fliegenden Untertassen? Warum eigentlich? Wer hat sich das ausgedacht? Und seit wann ist das bitte so?

Download der Episode hier.
Opener: „5 Little Men in a Flying Saucer Sing Along Animation“ von Twinkl Educational Publishing
Closer: „IL004 762 Cadbury Smash Aliens“ von findaclip
Musik: „Knowledge is the Power“ von Bryan Art / CC BY-SA 3.0

+Skript zur Sendung
Da bin ich wieder! Ich hab’ euch so vermisst – diese zwei Tage ohne Internet waren grausam. Es stellte sich heraus, dass mich ein Telekomtechniker, der einem anderen, neuen Mieter das Telefon angeschlossen hat, meine Leitung ausgesteckt hat und vergessen hat, sie wieder anzustecken. Ein kleiner Fehler: Tausendfaches Leid! Vielen Dank für all’ die lieben Emails, Tweets und Comments auf Website und auf Facebook! Das hat mich sehr gefreut!

O.k. Also back to business. Heute ist das Thema die berühmte „Fliegende Untertasse“. Seit wann werden eigentlich einige der unbekannten fliegenden Objekte mit diesem Ausdruck bezeichnet? Mit einem Stück Geschirr?

Das führt uns zurück in das Jahr 1947. Also zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Zwei Jahre nach dem Schock, der Hiroshima und Nagasaki genannt wird. Und schon ein gutes Stück auf dem Weg in den Kalten Krieg.

Nehmen wir also an, es ist der 23. Juni 1947. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine fliegenden Untertassen. Es gab natürlich schon immer unidentifizierte, fliegende Objekte. Also UFOs. Die ältesten Beispiele dafür finden sich in den indischen Veden, aber auch der Tanach oder das Alte Testament hat bei Ezekiel ihr eigenes UFO. Aber keine der Sichtungen wurde je als „Fliegende Untertasse“ bezeichnet.

Dann kam der 24. Juni 1947. Die Geschichte beginnt mit Kenneth Arnold. Das ist ein erfolgreicher amerikanischer Geschäftsmann, der die Firma „Great Western Fire Control Supply“ gegründet hat. Die verkauften an Industriebetriebe automatische Feuerbekämpfunginstallationen. Also Geräte, die ein Feuer entdecken können und automatisch löschen. Mit Chemie oder Wasser. So ‘was in der Art, wie die Sprinkleranlagen, die wir aus zahlreichen Filmen kennen.

Und deswegen flog er mit seinem kleinen Flugzeug, einer sogenannten CallAir-A2, einem kleinen Zweisitzer, durch den ganzen Nordwesten der USA. Die meisten seiner 9000 Flugstunden, die er auf dem Buckel hat, stammen aber aus sogenannten Search & Rescue-Missionen. Wo Piloten ehrenamtlich nach Vermissten oder Verletzten aus der Luft suchen. Also ein guter Mensch isser auch noch1

Und dieser Kenneth Arnold steigt an diesem Frühsommer-Nachmittag also wieder in dieses Flugzeug. Ein Business-Trip. Na ja, nicht ganz. Er macht noch einen kleinen Umweg. Denn dem US Marine Corp ist irgendwo in der Gegend ein Transportflugzeug abhanden gekommen. Und für eine Sichtung gibt es $5000,- Belohung. Also sucht er auf seinem Flug von Chehalis, Washington nach Yakima, Washington ein bisschen die Gegend ab.

Nachdem er nach einer halben Stunde nichts gefunden hat, gibt er so gegen 15:00 Uhr seinen Plan auf und steigt wieder auf 2500 Meter. Das wird er plötzlich von irgend etwas geblendet. „Wie von einem Spiegel“ beschreibt er das. Er denkt, er ist aus Versehen einem anderen Flugzeug zu nahe gekommen und schaut sich deswegen erst einmal gründlich um.

Da sieht er eine Reihe von seltsamen, fliegenden Gegenständen, die rasend schnell zwischen dem Mount Rainier und dem Mount Adams in Formation fliegen. Leicht diagonal versetzt, wie Gänse zum Beispiel. Und ihre Flugbewegung ist seltsam flatternd, wie in Wellenlinien. Wie der Schwanz von einem Drachen, meint Arnold.
Also der Typ Drachen, den man im Herbst steigen lässt. Nicht Smaug.

Und dreht sich eines dieser Objekte zur Seite, tun das zeitgleich alle anderen auch. Und, wenn sie auf der Seite liegen, dann sind sie so dünn gegen den Himmel, dass man sie fast nicht mehr sieht.
Und die Form ist eben wie eine Untertasse, oder eine Scheibe mit einer Erhebung in der Mitte. Oder wie eine durchgeschnittene Kuchenpfanne. Pie-Pan. Haben wir in Deutschland nicht.

Man kann oft lesen, die Untertasse wäre eine Missverständnis durch schlampige Journalisten. Aber das stimmt nicht. In seinem ersten schriftlichen Bericht verwendet Arnold selber den Ausdruck „Untertasse“, also „Saucer“.

Als er eine Stunde später wieder gelandet ist, erzählt er das Erlebnis seinen Freunden am Flugplatz und ist sofort das Gespächsthema Nummer eins dort. Die meisten glauben ihm aber eher nicht…

Arnold schreibt auch umgehend dem Sicherheitsdienst der Army Air Force. Die haben in der Nähe eine Basis. Denn bei den gesichteten Objekten könnte es sich ja um Foo Fighters handeln. Nein, nicht die Band. „Foo Fighters“ nannte man damals unbekannte, gegnerische Flugobjekte.

Als er schließlich weiterfliegt, hat sich der nagelnaue Mythos schon per Telefon zum nächsten Flugplatz weiter verbreitet. Hier kommt das erste Mal jemand mit der Idee auf den Plan, dass es sich um außerirdische Technologie handeln könnte. „Vom Mars oder von der Venus“.
Da sieht man auch gleich den Wissenstand der Astronomie im Jahre 1947.

Arnold rechnet dann die Geschwindigkeit seiner Untertassen mit Hilfe einer Karte aus und kommt ziemlich genau auf die Schallgeschwindigkeit.
Die Chuck Yeager erst in vier Monaten knacken wird.

Am nächsten Tag erfolgt das erste Interview. Und weil Arnold ein so ehrenwerter Mann ist und so flugerfahren, so sachlich und so zugänglich, schlägt sich die Presse auf seine Seite. Statt ihn als Spinner zu verhöhnen, machen dann die super-sonic flying saucers die Medienrunde. Und das bald schon international.

Und natürlich schwingt immer schon die Vermutung mit, dass es außerirdische Technologie ist, die da beobachtet wurde. Nach ca. zwei Wochen Medienaufmerksamkeit beginnt Arnold selber, diese Theorie zu stützen.

Schon am 4. Juli kommt es zu einer weiteren Sichtung von fliegenden Untertassen. Die Crew eines United Airlines-Flug hatte auch neun solcher Objekte gesehen. Wieder große Presse. Und der Fachmann, den die Zeitungen schon damals für jeden Mist brauchten, war natürlich: Kenneth Arnold.

So ging es dann weiter, nächste Sichtung 12. Juli. Und binnen des ersten Jahres nach Arnolds Begegnung zählt man schon über 800 Sichtungen von fliegenden Untertassen. Wir erinnern uns also an den 23. Juni 1947 zurück. Der letzte Tag, als die Menschheit noch keine fliegenden Untertassen kannte. Sondern nur schwierig zu erklärende Phänomene am Himmel.

Aber wollen wir nicht zu skeptisch sein! Alleine in der ersten Hälfte dieses Jahres wurden immerhin 1353 fliegende Untertassen gesichtet. Also 7 bis 8 Stück am Tag. Davon 1048 in den USA, alleine in Kalifornien 122. Das ist ja so eine komische Sache mit den Untertassen. Die interessieren sich fast nur für die USA. In Europa gibt es noch das United Kingdom. Die Briten kommen immerhin auf 49 Sichtungen. Für Deutschland interessieren sich die Aliens leider nicht, wir schaffen nicht einmal 10 Sichtungen.

Auch interessant an den Aliens: Die allermeisten Sichtungen treten am Freitag Nacht auf. Zwischen 21:00 Uhr und 1:00 Uhr morgens. Wir wollten ja nicht skeptisch sein: Aber es drängt sich der Gedanke auf: Gibt es da einen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Alien-Sichtungen?

Oder heben die Aliens heimlich am letzten Arbeitstag der Woche selber ‘mal gerne ein Bierchen?


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 August 12, 2015  13m