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Der erste Eindruck - direkt nach dem Kino - in etwa 12 Minuten und spoilerfrei, versprochen. Das ist unser Kerngeschäft. Ansonsten echte Liebe für japanische Filme, eine Schwäche für Science-Fiction und ungebrochene Entdeckungslust für bekannte und unbekannte Klassiker.

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Folge 1095: #Japanuary 2021 Nr. 4 - NOKAN – DIE KUNST DES AUSKLANGS (Departures / Okuribito)


10 Jahre hat es gedauert, bis aus der Herzensangelegenheit des Schauspielers Masahiro Motoki (bekannt aus Takashi Miikes THE BIRD PEOPLE OF CHINA) der Film OKURIBITO von Yojiro Takita wurde. Es geht um Daigo Kobayashi, der seinen Job als Cellist in einem Orchester verliert und mit seiner Frau die Metropole Tokyo verlässt und zurückkehrt in seine Heimatstadt Yamagata. Dort findet er einen Job als Leichenwäscher. Zuerst fällt ihm die Arbeit sehr schwer, aber dann findet er Gefallen an diesem sozial geächteten Beruf. OKURIBITO hat 2008 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film bekommen und ist unser vierter Beitrag zum #Japanuary2021. Der Originaltitel OKURIBITO ist ein zusammengesetztes Kunstwort und bedeutet „Eine Person, die andere verabschiedet/geleitet“. Das trifft die Funktion der Einsargung (japanisch „Nokan“) genau, die im Film mehrfach gezeigt wird: Es handelt sich um einen wichtigen Übergangsritus, der der Angehörigen hilft, den Verlust zu bewältigen und sich zu verabschieden. Daigo und sein Lehrmeister Shoei Sasaji (gespielt von Tsutomu Yamazaki), waschen den Körper des Verstorbenen vor den Augen der Angehörigen, ohne dass die Leiche dabei entblößt wird. Der Verstorbene wird in das Totengewand gekleidet und geschminkt. Im Film erleben die Männer als Nokansha (Bestatter) während der Zeremonie ganz unterschiedliche Reaktionen: vom friedlich-tröstlichen Abschied mit Kussmundlippenabdruck bis hin zu aufbrechenden Konflikten mit Rockerbanden. Das im Film gezeigte Ritual ist allerdings in Japan mittlerweile eher die Ausnahme. OKURIBITO ist ein Film der überwiegend leisen Töne mit einem sanften, trockenen Humor und berührenden, traurigen Szenen. Es ist auch ein Film über Aussöhnung zwischen den Generationen und auch zwischen den Eheleuten Daigo und Mika, die zwischenzeitlich getrennt sind, das sie ihren Mann durch den Beruf als „unrein“ empfindet. In der Tat spielt die rituelle Unreinheit (kegare) im Buddhismus eine wichtige Rolle. Aber Mika ändert ihre Einstellung, als sie bei der Zeremonie zusieht und erkennt mit welcher Ruhe, Hingabe und Sorgfalt Daigo den Verstorbenen und den Angehörigen einen ruhigen und würdevollen Übergang ermöglicht. OKURIBITO ist nicht der einzige Film, in dem Beerdigungen eine Rolle spielen: Auch in Ozus TOKYO MONOGATARI von 1953 ist eine Totenfeier zu sehen, aber vor allem in OSOSHIKI (The Funeral) von 1984, dem Debutfilm von Juzo Itami, den wir als Regisseur von TAMPOPO und DIE STEUEREINTREIBERIN kennen. In OSOSHIKI dreht sich alles um eine Bestattung, in deren Verlauf alle Familienprobleme sichtbar werden. Eine der Hauptrollen spielte 1984 Tsutomo Yamazaki, der in NOKAN den wortkargen Chef des Bestattungsunternehmens spielt. NOKAN-Regisseur Itami und vor allem Hauptdarsteller Motoki haben für den Film die Rituale und das Handwerk erlernt, Motoki hat sogar das Cello-Spielen gelernt. Über alle diese Themen und über öffentliche Badehäuser, Essen mit dem Chef, über „Stein-Briefe“, über Gesichtsverlust, dreieckige Häuser und eigene Trauererfahrungen sprechen Hendrik und Thomas in dieser einstündigen Episode.


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 February 2, 2021  59m
 
 
Japanuary 2021
curated by SchoenerDenken in Japanuary | February 7, 2021