Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...

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Expl0481: So ungefähr 1066


Jahreszahlen kann ich mir ja praktisch kaum merken. Gut, Telefonnummern auch nicht. Und Geburtstage. Aber eine historische Zahl kenne ich schon: 1066. Die Schlacht von Hastings. Darum habe ich ‘mal recherchiert – auch die war ganz anders als angenommen. Wie das heutige Hörspiel belegt.

Download der Episode hier.
Opener: „Family Guy – The Battle of Hastings“ von KingJimmiusIII
Closer: „QI – William The Conqueror’s Real Name“ von QI: Quite Interesting
Musik: „Freak of Nature (2016)“ von HEIFERVESCENT / CC BY-NC-ND 3.0

+Skript zur Sendung
B: Ah, königliche Hoheit, schön Sie zu so früher Stunde zu sehen. Ein frohes Neues Jahr wünsche ich. Auch im Namen der anderen Adligen und der Soldaten. Auch von den Bretonen, den Franken und den Flamen übrigens. Alain de Bretagne liegt immer noch stockbesoffen im großen Zelt!
W: Lieber Baron Roger! Was bitte soll an diesem Jahr bitte neu sein?
B: Na ja, wir schreiben den ersten Januar. Damit beginnt ein neues Jahr. Heute ist Neujahr. Also, so meinte ich das.
W: Schon richtig und gut, aber wir sitzen hier immer noch fest. Und warten und warten und warten.
B: Ja, das ist schon recht ärgerlich. Aber die Stimmung bei den Männern ist immer noch gut.
W: Ist ja auch klar. Sie müssen nicht rudern, sie müssen nicht kämpfen. Stattdessen trinken sie alle Weinkeller der Normandie leer und fressen die Ställe meiner Bauern leer.
B: Aber es gab halt Probleme.
W: Ach, was? Was war es denn dieses Mal? Holzwürmer im Hauptmast? Eiterpickelchen beim Kapitän? Haben die Seher beim Schlachten der Tauben zwei Lebern gefunden? Ist der Schleifstein wieder verloren gegangen und jetzt sind die Schwerter stumpf? Hm, was war es gestern?
B: Na ja. Ähm…
W: Na, was war es?
B: Ich äh… kucke ‘mal.
W: Na, kuck ‘mal, Barönchen.
B: Äh. Hier steht es. Äh, also, na ja, die Späher haben etwas gemeldet, was die Abfahrt unmöglich gemacht hat.
W: Und was mag das wohl gewesen sein?
B: Hier äh… steht, also… Da seien Blätter auf dem Wasser gewesen.
W: Blätter auf dem Wasser?
B: Ja, steht hier. Blätter auf dem Wasser.
W: Und deswegen sitzen wir hier immer noch fest?
B: Ja, Wilhelm, tut mir leid. Aber der Kapitän…
W: Und vorgestern? Warum sind wir vorgestern nicht gefahren?
B: Moment, ich schaue ‘mal ins Protokoll…
W: Ja, sehr schön. Tu das. Gut, dass wir alles protokollieren.
B: Durchfall. Steht da. Durchfall
W: Wie? Wer hatte Durchfall?
B: Bicerbus.
W: Bicerbus? Mein Pferd? Mein Pferd hatte Durchfall und deswegen sind wir nicht gefahren?
B: Ja, steht hier, königliche Hoheit.
W: So geht das nicht weiter. Weißt Du noch, was unser Schlachtruf war, als wir die Männer an der ganzen Nordeeküste eingesammelt haben?
B: Na klar.
W: Und wie wer da?
B: 1066 or die!
W: Genau. Eintausendsechsundsechzig.
B: Das war ein tolles Jahr.
W: Das wir komplett hier im Lager verbracht haben.
B: Schon, schon.
W: Und, lieber, geschätzter Baron, welches Jahr schreiben wir heute? Hm?
B: Welches Jahr wir schreiben?
W: Genau. Welche Zahl haben wir diesem Jahr gegeben. Ich chronologischer Reihenfolge. Du musst nur die Zahl des letzten Jahres nehmen und eins aufaddieren.
B: Eintausendsiebenundsechzig.
W: Genau! Gut aufgepasst! Eintausendsiebenundsechzig. Und was hatten wir uns vorgenommen, als wir die Männer gesammelt haben.
B: Wir hatten uns vorgenommen, nicht zu spät zu kommen.
W: Und jetzt, wo es Eintausendsiebenundsechzig ist, was sind wir da?
B: Zu spät?
W: Genau. Zu spät.
B: Ist das wirklich ein Problem, Wilhelm?
W: Wilhelm, der Wartende. Eingehen in die Geschichte wollte ich als Wilhelm, der Eroberer. Erinnerst Du Dich?
B: Ja, Sire. Aber ist es nicht egal, ob Eintausendsechsundsechzig oder…
W: Ob es egal ist? Ob es egal ist? Komm’ mal mit, ich zeig Dir ‘mal was… O.k. Was siehst Du da?
B: T-Shirts. Schwarze T-Shirts. 7000 T-Shirts. Haben für die Männer als Souvenir drucken lassen.
W: Richtig. Und was steht da drauf?
B: 1066. I was there.
W: Genau. Und was ist das?
B: Die Kaffeebecher, die wir für die Männer gemacht haben.
W: Und was steht auf denen drauf?
B: 1066 und sonst nix
W: So ist es. Sehr gut. Und was siehst Du da?
B: Kugelschreiber. Die wir für die Männer gemacht haben.
W: Prima. Und auf denen steht…
B: 1066 – Harald is a wanker
W: Du hast es erfasst. Sehr gut. Haben wir also ein Problem?
B: Klar. Das ist ärgerlich. Vor allem, wenn man an die Handytaschen und die USB-Sticks denkt, die wir haben machen lassen.
W: Genau. Und vergiss nicht die Regenschirme und die Schwimmreifen.
B: Schon. Und die Briefbeschwerer und die Messenger-Bags.
W: Jetzt verstehst Du so langsam das Ausmaß unseres Problems, oder? Und zu Hause sitzen unsere Frauen und arbeiten an einem riesigen Wandteppich, nicht zu vergessen. Und rate ‘mal, was auf dem draufsteht?
B: Ach, Du Scheisse. Ach, Du Scheisse. Das hatte ich ja ganz vergessen! Jetzt haben wir wirklich ein Problem. Was machen wir jetzt?
W: Tja, keine Ahnung.
B: Ach, verdammt. Wäre 1066 nur ein paar Tage länger gewesen…
W: Hmm…
B: Ah. Ich kenne das. Wenn Du das machst. Das ist Nachdenken, gell?
W: Hmm, hmm, hmm.
B: Und? Hast Du schon eine Idee?
W: Nimm einen Block.
B: Habe ich schon.
W: Schreibe: Sorry, Harald, haben uns verspätet. Kommen morgen. Problem mit dem Merch. Lass’ uns morgen den 33. Dezember Eintausendsechsundsechzig nennen. Gruß und Kuss, Willy.
B: Genial, Boss!
W: Danke, ich weiß. Die werden auch schon T-Shirts gedruckt haben, dachte ich mir.
B: Klasse, ich schicke das gleich rüber zu den Angelsachsen!

/pfeilschuss

W: Ach, ich bin schon ein toller Hecht. Vielleicht wäre auch Wilhelm, der Superdupereroberer ein toller Titel?
B: (aus der Ferne) Boss?
W: (ruft) Ja, was ist denn jetzt schon wieder?
B: Boss, Du wirst nie erraten, wo der Pfeil gelandet ist…


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 July 8, 2016  10m