Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...

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Expl0497: Korn


Früher wurden Menschen von Feen, Trollen oder Kobolden entführt. Heute eben von Außerirdischen. Aber Jens Peter weiß, dass die auf der Erde nach ganzen Sachen suchen, als man das gemeinhin so annimmt. Hörspielfolge.

Download der Episode hier.
Musik: „Elvis is Dead (2015)“ von Piero Peluche / CC BY-NC 3.0

+Skript zur Sendung
(Es klopft)

R: Kommen Sie rein.

Jens Peter betritt das Hotelzimmer in Ludwigsburg , dass die junge Reporterin bewohnt, die extra aus Stuttgart gekommen ist, um selbigen zu interviewen. Auffallend an dem bunt bekleideten Mann ist eigentlich nur die Kopfbekleidung. Ein Hütchen mit einer Spitze, aus Alufolie selbst gebastelt.

JP: Grüß Gott.
R: Guten Tag, schön sie kennenzulernen, setzen Sie sich doch.
JP: Man hat mir gesagt, dass das hier bezahlt wird.
R: Na klar.
JP: In bar.
R: Sind 10 Euro genug?
JP: Nein.
R: 20 Euro.
JP: Nein.
R: O.k. 30 Euro, bar auf die Hand. Hier.
JP: Danke.
R: Mein Name ist Rosa Knöpfle und ich schreibe als freiberufliche Journalistin über mysteriöse Dinge. Schon seit Jahren. Aber gesehen habe ich noch keine.
JP: Ah, jaaa… Ham Sie nicht?
R: Nein, ich stehe mit beiden Beinen auf dem Boden der wissenschaftlichen Erkenntnis. Aber ich habe gehört, Sie haben seltsame Dinge am Nachthimmel beobachtet.
JP: Ja. Seltsame Dinge. Beobachtet.
R: Sie sind, so habe ich gehört, eine lokale… sagen wir mal: Bekanntheit.
JP: Ja, in den Lokalen bin ich bekannt.
R: Herr Peter.
JP: Jens.
R: Oh, Verzeihung, Herr Jens.
JP: Peter. Jens Peter.
R: Peter ist ihr Nachname. Ja? Gut. Und sie leben hier?
JP: (kichert) Natürlich nicht.
R: Sie leben gar nicht hier?
JP: Natürlich nicht, dass ist doch ein Hotelzimmer! Sie leben hier!
R: Äh. Ja ja, das stimmt natürlich. Aber sie kommen aus Ludwigsburg?
JP: Ja, vom Bahnhof ist’s nicht weit bis zum Hotel.
R: Was? Ach, nicht wichtig. Sie sind hier also der Fachmann für Alien-Entführungen.
JP: Weiß nicht.
R: Für vermutliche Entführungen durch außerirdische Lebensformen.
JP: Nein, das nicht.
R: Ach, nicht. Aber an der Rezeption haben sie gesagt…
JP: Ich BIN entführt worden.
R: Sie glauben, von Aliens entführt worden zu sein.
JP: Nein, ich BIN von Aliens entführt worden.
R: Nein, Herr Peter, das sind Sie nicht.
JP: Bin ich doch.
R: Nein, sehen sie..
JP: Doch.
R: Ich glaube, Sie haben aus bestimmten Gründen den Eindruck gehabt…
JP: (aufgeregt) Bin ich doch, bin ich doch, bin ich doch!
R: Schon gut, schon gut. Herr Peter, beruhigen Sie sich doch! Atmen Sie tief durch. Und setzen Sie sich doch wieder. Ich nehme unser Gespräch auf dem Handy auf, ok? Damit wir auch nichts vergessen.
JP: O.k.
R: Gut. Dann fangen wir an, ok?
JP: Wie Sie wollen.
R: 4. August 2016. Ich sitze in Ludwigsburg im Hotel. Und spreche mit Jens Peter. Sind Sie Jens Peter?
JP: Wie, muss ich jetzt was sagen?
R: Sagen Sie einfach, wer Sie sind.
JP: Aber Sie wissen doch, wer ich bin!
R: Ich. Heisse. Jens Peter.
JP: Komischer Zufall! Genau wie ich! Aber sagten Sie nicht, Sie hießen Knöpfle oder so?
R: Gut, lassen wir das. Herr Peter, Sie behaupten, Sie seien von Außerirdischen entführt worden.
JP: Nein.
R: Nein?
JP: Ich BIN von Außerirdischen entführt worden.
R: O.k. Einverstanden.
JP: BIN ICH.
R: Gut, ganz ruhig. Wann ist das denn passiert?
JP: Als ich von der Kneipe nach Hause ging.
R: Ach so, die Kneipe. Haben Sie ‘was getrunken?
JP: Na klar, Kneipe. Hab’ ich doch gesagt. Was macht man da sonst?
R: Wieviel haben Sie denn getrunken?
JP: Vier Halbe und ein Korn.
R: Ist das viel für Sie?
JP: Ja.
R: Ich verstehe…
JP: Vier Halbe und ein Korn, das trinke ich am Freitag. Aber niemals am Donnerstag.
R: Also, es war an einem Freitag.
JP: Nein, dann wäre es ja nicht viel. Dann wäre es ja eine völlig alltägliche Menge.
R: Warum haben Sie dann am Donnerstag so viel getrunken?
JP: Ich bin wegen des Feiertags am Dienstag völlig durcheinander geraten.
R: Aber am Dienstag war doch gar kein Feiertag?
JP: Doch, da haben wir wohl gefeiert. Berta hatte Geburtstag.
R: Verstehe. Also waren Sie betrunken?
JP: Nein, kein bisschen. Betrunken bin ich nur am Samstag.
R: Also war es ein Donnerstag, richtig?
JP: Wenn ich so drüber nachdenke, könnte es auch ein Mittwoch gewesen sein.
R: (laut) Es ist mir völlig egal, welcher Tag es war!
JP: Schreien Sie mich nicht an!
R: (genervt) Natürlich nicht. Verzeihen Sie. Was ist also an diesem Mittwoch oder Donnerstag geschehen?
JP: Ich verlasse also abends um halb elf das Gebäude des „Blauen Äffle“ als da dieses Ding in der Luft schwebt…
R: Beschreiben Sie es.
JP: Ach, ein ganz normales Haus für Ludwigsburg. Satteldach und Fachwerk…
R: Das Ding das über dem „Blauen Äffle“ in der Luft schwebt! Das sollen Sie beschreiben.
JP: Da schwebte aber kein Ding über dem „Blauen Äffle“.
R: Wie? Also doch nicht?
JP: Nein, natürlich nicht!
R: Haben Sie mich die ganze Zeit angelogen?
JP: Nein. Aber wenn es über dem „Blauen Äffle“ geschwebt hätte, dann hätte ich es gar nicht gesehen. Es schwebte über der Videothek gegenüber.
R: Ah. Verstehe. Wie sah’ das Ding aus?
JP: Wie eine Untertasse aus dem Teeservice meiner Mama.
R: (sarkastisch) Ach, nein? Eine Untertasse. Jetzt kann ich’s mir aber gut vorstellen.
JP: Wirklich? Haben Sie schon einmal Tee bei meiner Mama getrunken? Ist ja lustig!
R: (genervt) Nein, aber alle UFOs sind Untertassen und alle Untertassen sind gleich.
JP: (aufgeregt) Das stimmt ja gar nicht! Im „Hirschen“ da haben sie viereckige Untertassen!
R: (noch genervter) Und war das Ding in der Luft viereckig?
JP: Nein. Meine Mutter hat einen eher konservativen Geschmack.
R: (seufzt) Und was passierte dann?
JP: Sie haben aber ein rotes Gesicht.
R: Hab’ ich nicht.
JP: Doch. Haben Sie schon. So rote Stellen im Gesicht.
R: Hab’ ich nicht!
JP: Doch! Da darf man nicht spaßen damit. Der Beppi, der hatte das auch. Und drei Tage später war er tot.
R: Der ist an Flecken im Gesicht gestorben?
JP: Nein, der ist von einem Trekker überfahren worden.
R: (unterdrückt Wut) Herr Peter! Es reicht. Ich kann nicht mehr! WAS ist dann passiert?
JP: Schon gut, schon gut! Vielleicht sollten Sie jetzt einmal tief durchatmen und sich wieder hinsetzen?
R: (atmet schwer) Was. Ist. Passiert.
JP: Dann wurde ich von einem Licht geblendet und war plötzlich an Bord des Raumschiffs.
R: Das ist also endlich die Stelle mit der Entführung?
JP: Aber natürlich! Ich bin ja nicht freiwillig da eingestiegen wie in die U-Bahn, oder? Keiner hat mich gefragt! Wie nennen Sie das denn in Stuttgart?
R: Sie haben recht. Das erfüllt den Tatbestand einer Entführung. Wie sah’ es denn im Inneren aus? Wie im Raumschiff Enterprise?
JP: Nein. Die ganze Untertasse war voller Korn.
R: Korn? Wie in Getreide?
JP: Genau. Die Außerirdischen lieben Korn.
R: Die haben mit Ihnen geredet?
JP: Ja, und das Lustigste: In breitem Schwäbisch!
R: Ach, und warum brauchen die Korn?
JP: Das gibt’s bei denen halt nicht. Und hier gibt’s das Beste.
R: Dann haben Sie also mit denen geredet?
JP: Ja. Die waren ganz nett.
R: Und die kommen, um Korn zu klauen?
JP: Klar! Hat man in Stuttgart nie von den Kornkreisen gehört?
R: Doch klar.
JP: Und warum sollten die Außerirdischen sonst ausgerechnet in Kornfeldern landen?
R: Herr Peter, das ist das erste, was Sie heute sagen, was ansatzweise Sinn macht.
JP: Oh, wie gemein!
R: Ja, stimmt. Verzeihung.Und haben sie sonst etwas über die erfahren? Zum Beispiel, was die so essen?
JP: Kornprodukte.
R: Und was sie trinken.
JP: Korn.
R: Faszinierend. Und was hören die für Musik?
JP: Korn.
R: Na klar! Und was wollten die von Ihnen?
JP: Die wollten mich nur nach dem Weg nach Kornwestheim fragen.
R: Herr Peter, vielen Dank für dieses Interview!
JP: Gerne. Habe ich Ihnen schon die Geschichte erzählt, wie ich letztes Jahr Elvis begegnet bin?


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 August 5, 2016  12m