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"Ich weiß nicht, wie lange man hier als Jude noch sicher sein kann", sagt die ukrainisch-deutsche Schriftstellerin Lana Lux über den grassierenden Antisemitismus in Europa. Sie kritisiert den laschen Umgang mit Radikalen, die die Demokratie in Frage stellen. "Ich wünsche mir für Europa, dass es sich entscheidet, was seine Werte wirklich ausmacht."
"Was Europa heute braucht, ist eine geistige Mitte, eine gemeinsame Vision von einem gemeinschaftlichen Leben", sagt der Philosoph Christoph Quarch über das krisengeschüttelte Europa der Gegenwart. Dabei sei alles, was es dafür brauche, schon lange da - in der Philosophie der griechischen Antike: Ein "Gravitationszentrum für den Geist Europas", auch mit Blick auf die Zukunft.
"Ich sehe die Demokratie in Europa in Gefahr - von außen und von innen", sagt Jürgen Linden, langjähriger Oberbürgermeister (SPD) und Vorsitzender des Aachener Karlspreisdirektoriums. Europa sei zu selbstverständlich geworden: "Wir müssen wehrhafter, militanter und standhafter für das gemeinsame Europa mit seinen vielen Errungenschaften eintreten."
"Europa ist ein Prozess. Für die Suche der Europäer nach Europa braucht es ein konstruktives Streiten", sagt die Slawistin und Juristin Angelika Nußberger, Direktorin der Akademie für europäischen Menschenrechtsschutz der Uni Köln. Die ehemalige Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte unterstützt heute als Mitglied der Venedig-Kommission des Europarates Staaten in Osteuropa, gemeinsame Standards für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu entwickeln.
"Die europäische Einigung begleitet mein Leben": Hinrich Schmidt-Henkel, geboren 1959, ist einer der anerkanntesten literarischen Übersetzer, er überträgt Texte aus dem Italienischen, dem Französischen und dem Norwegischen. "Einigkeit in der Vielfalt, das ist für mich Europa, gegen die vernagelte Idee des Nationalismus - als Nachkriegskind habe ich die Folgen europäischer Uneinigkeit noch immer drastisch vor Augen."
"Humanismus, Freiheit, Wohlstand, damit hat uns Europa versorgt", sagt der Schriftsteller Mario Giordano. Bei allen Unterschieden und regionalen Besonderheiten verbinde und vereine das auch alle Länder Europas: "Die Aufklärung ist eine große Errungenschaft - und nach wie vor prägend für Europa. Der gemeinsame Grund, auf dem wir alle stehen."
"Ich bin große Anhängerin eines immer weiter zusammen wachsenden Europas", sagt die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die kritische Situation im Moment sieht sie als Weckruf: "Wirtschaft und Wohlstand, die Außen- und Sicherheitspolitik, Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit - bei diesen drei tragenden Säulen gibt es keine bessere Alternative als Europa."
"Die Grenzen zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus verschwimmen", sagt die österreichische Sprachwissenschaftlerin und Populismusforscherin Ruth Wodak. Es gebe in vielen europäischen Gesellschaften eine "Diskursverschiebung nach Rechts". Wodak warnt vor zunehmender Spaltung: "Eine Bedrohung für die Zukunft der liberalen Demokratie in Europa."
"Europa ist Heimat für mich", sagt die vielfach preisgekrönte Illustratorin Nora Krug, die seit über 20 Jahren in New York lebt. Sorge bereitet ihr der wachsende Populismus bei schwindender Einigkeit. "Europa als liberales Paradies zu sehen, wäre naiv. Aber es ist die wichtigste demokratische Alternative. Dieses demokratische Europa müssen wir immer wieder verteidigen, bewahren, neu erkämpfen."
"Ich sehe mich als eine europäische Schriftstellerin", sagt Bestsellerautorin Melanie Raabe - ihre Geschichten spiegeln europäische Themen, sind an europäischen Orten angesiedelt. Europa, das sei für sie allerdings auch eine zwiespältige Angelegenheit: Einerseits die Festung Europa, andererseits das utopische Potential, für das wir wieder mehr Optimismus brauchten.