Gesamtlänge aller Episoden: 1 day 5 hours 32 minutes
Elegant der erste Satz, komisch der zweite, rasant der dritte: Diese Musik ist pure Freude. Auch wenn Beethoven in der Sonate op. 14, Nr. 2 manchmal etwas poltert. Igor Levit stellt sie in dieser Folge näher vor.
Vor den Sechzehntel-Raketen im ersten Satz betet Igor Levit erstmal drei "Vater unser". In der Sonate op. 22 zieht Beethoven Zwischenbilanz: Ein Freiluft-Stück in bester Laune, allerdings höllisch virtuos. Und eine Rückschau auf das bisher Erreichte mit Grüßen an Haydn und Mozart. Und gelegentlich auch an Etüden und feiernde Bauern.
Erzählt uns Beethoven in seiner Sonate op. 26 eine Geschichte? "Auf den Tod eines Helden", so ist der langsame Satz überschrieben, ein Trauermarsch. Frédéric Chopin war fasziniert davon. Doch Igor Levit sieht darin nur eine Szene, etwas Imaginäres, nicht das wahre Leben. Das holt uns im übermütigen Finale wieder auf den Boden.
"Sonata quasi una fantasia" schrieb Beethoven über seine beiden Sonaten op. 27. Zwei Sonaten, die fast freie Fantasien sind. Beethoven fängt an, mit der Form immer wildere Experimente zu machen. Igor Levit liebt das. Op. 27, Nr. 1 überfällt den Hörer immer wieder mit kleinen Schocks, wirkt dabei komplett unvorhersehbar, wie aus dem Moment improvisiert - und folgt doch einem Plan.
Ein weiter Raum - und ein Mensch: Im berühmtesten aller Sätze aus Beethovens Klaviersonaten, dem ersten aus der sogenannten "Mondscheinsonate", entwirft Beethoven ein suggestives Bild der Einsamkeit. Und im düsteren Finale endet alles in brutaler, schwärzester Verzweiflung. Aber Igor Levits Lieblingssatz ist der mittlere: "eine Blume zwischen zwei Abgründen" nannte ihn Franz Liszt.
Nach dem apokalyptischen Schluss der Mondscheinsonate setzt Beethoven erneut auf Kontrast: In der Sonate op. 28 gönnt er sich und uns Entspannung in der Natur. Besonderen Spaß hat Igor Levit an den urkomischen Momenten in den Mittelsätzen.
Die Musik blinzelt, frotzelt, täuscht an: In der Sonate op. 31, Nr. 1 spielt Beethoven über Bande. Gefragt sind Reaktionsschnelligkeit und Sinn für schrägen Humor. Etwa, wenn im langsamen Satz eine Opernsängerin parodiert wird, die sich in überdrehten Koloraturen verirrt. Ein Riesenvergnügen für Igor Levit. Und für uns.
In seiner Sturm-Sonate op. 31, Nr. 2 erfindet Beethoven eine revolutionäre Dramaturgie: Die Geburt der Tragödie aus dem Klang. Und er zieht uns in einen erbarmungslosen Strudel dunkler Ereignisse. Im langsamen Satz gibt es zwar Inseln des Glücks. Doch die bleiben unwirklich. Die Schwärze und Atemlosigkeit des Finales empfindet Igor Levit als brutal und emotional unglaublich fordernd. Und doch ist die Sturm-Sonate für ihn eines von Beethovens vollkommensten Werken.
Der Sturm hat sich verzogen. Zum Abschluss der Dreiergruppe op. 31 erkundet Beethoven Welten des Glücks. Manchmal zögernd und suchend, aber immer hell. Und im Finale schreibt er echte Pianisten-Musik: Ein virtuoser Bewegungsrausch, ein bisschen Show-Off - und für Igor Levit trotz aller Schweißperlen die pure Freude.
Überraschung: Beethoven, der mittlerweile berühmt-berüchtigte Musik-Revolutionär, zaubert aus seinem Archiv zwei kleinformatige und überaus liebenswürdige Jugendwerke hervor. Die beiden Sonaten op. 49 haben beide nur zwei Sätze. Beide sind Studienstücke, gedacht für den Unterricht. Überschaubar im Anspruch, erstklassig in der Ausführung, findet Igor Levit. Richtig gute Musik, mit der aus Lernen Vergnügen wird.